Botanischer Garten Maraunenhof

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Dieser Garten war früher die Stadtgärtnerei, jetzt ist er Botanischer Garten mit stadtgärtnerischen Elementen, dergestalt, daß man sich in einem umgrenzten Bezirk Koniferen ausgraben lassen kann, deren Preis nach Zentimetern gestaffelt ist, oder am Eingang kleinere Pflanzen auswählt, die in den unteren Teil zerschnittener Plastikwasserflaschen gepflanzt sind. Die Treibhäuser und das Palmenhaus, vor 100 Jahren wohl eins der modernsten seiner Zeit, werden mühsam mit Plastikfolie und Industrieschaum zusammengehalten. Noch blüht kaum etwas. Unter dem alten Baumbestand treibt Bärlauch in rauhen Mengen. Es ist ein trüber Tag, nur einige ältere Damen sind mit ihren Enkelkindern unterwegs zum Spielplatz. Ein Mann fotografiert die Mandelblüte, die in dem umgebenden Grau umso wunderbarer wirkt. Die Bäume haben Namensschilder um. Eine besonders weiße Birkenvarietät heißt „Goulden Klaud“. Die Parkführerin erklärt einer Besuchergruppe die einzelnen Pflanzen, und ein Liebespaar, elegant gekleidet, im eiligen Tempo der Berufstätigen, versucht sich immer wieder zu einem Schlendern zu bremsen. Er rezitiert für sie romantische Gedichte, die er im Gehen vom Mobiltelefon abliest.

Gezwitscher, Geschüttel

Es ist gleich Mai, aber schon vorher war das so, daß ich ab und zu irritiert schaute, weil die Vögel hier so laut singen, sogar auf dem Parkplatz des Riesensupermarkts. Die Vögel sind High Tech hier: Das Auf- und Zuschließen der Autos  wird von einem kleinen Zwitschern begleitet.
Das Schütteln der Hände macht dagegen nur ein sehr leises Geräusch. Und vor allem nur zwischen Männern. Frauen werden – selbst unter den jungen Leuten hier – von Männern nicht per Händedruck begrüßt, es gibt keine Berührung, nicht mal ein Zunicken oder ähnliches. Das Netz sagt dazu: Russinnen mögen es im Allgemeinen nicht, wenn man Ihnen die Hand zur Begrüßung oder zum Abschied reicht, Händeschütteln ist in Rußland reine Männersache. Diese Stadt, nennen wir sie heute einmal: Handshake City, ist also nur für Männer gemacht. Mit welchen Gesten oder Dingen bauen dann die Frauen ihre Stadt?

margarett

29. April 2013          1. Mai 2013